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Tips und Tricks um Ver-rücktheiten zu steuern

Ver-rücktheiten sind sehr unterschiedlich, aber sie müssen keine Krankheit sein oder werden: Ver-rücktheiten können uns helfen mehr über uns selber zu erfahren, neue Sichtweisen kennen zu lernen und können Phantasie und Kreativität freisetzen. Ver-rücktheiten können aber auch Leiden verursachen, unsere Beziehungen und die sozialen Lebensgrundlagen zerstören, dazu führen in der Psychiatrie zu landen und schlimmstenfalls den Tod verursachen.

Die übliche Frage in der psychiatrischen Behandlung ist: Wie bekämpft man Ver-rücktheiten am besten? Die übliche Antwort ist dann: mit Psychopharmaka und ergänzenden sozialpsychiatrischen Maßnahmen.

Wir möchten dieser Auffassung die These entgegensetzen: Ver-rücktheit ist eine Begabung, allerdings eine Begabung mit der man lernen muss umzugehen. Krieg gegen das Ver-rücktsein zu eröffnen ist dagegen, als eröffne man das Feuer gegen sich selber.

Die inzwischen entwickelten Waffenarsenale (z.B. Psychopharmaka) gegen das Ver-rücktsein wegzulegen und sich auf die Suche nach einem anderen friedlicheren Weg zu machen ist anstrengend und mit Arbeit verbunden. Es funktioniert auch nicht von heute auf morgen.

Mit dieser Broschüre wollen wir den Versuch starten das Wissen und die Erfahrung von Psychiatrie-Erfahrenen (PE), wie Ver-rücktheiten zu steuern sind, zu sammeln.

A.Vorbeugung

Ver-rücktheiten kommen nie grundlos und aus heiterem Himmel, auch wenn einem das manchmal so erscheint.

Sehr häufig spielen zum einen Kindheitserlebnisse eine Rolle aber auch die aktuelle Lebenssituation. Hier eine Liste von Faktoren in der aktuellen Lebenssituation, die die Wahrscheinlichkeit zu ver-rücken erhöhen:

  1. soziale Isolierung
  2. unbefriedigende Arbeitssituation
  3. zu wenig oder zu viel Stress
  4. das Unterdrücken der eigenen Gefühle und Bedürfnisse
  5. Verliebtheit, Liebeskummer
  6. Konflikte, verdeckt oder offen, mit nahestehenden Menschen
  7. existenzielle Probleme wie z.B. enorme Schulden, Wohnungslosigkeit, usw.
  8. Nicht-sprechen können oder wollen mit anderen Menschen über die eigenen Probleme
  9. Auslösereize, die traumatische Kindheitserlebnisse wiederbeleben
  10. Verlust nahestehender Personen
  11. aktuelle traumatische Erfahrungen

Wenn nun mehrere dieser oder ähnlicher Faktoren zusammenkommen, ver-rücken wir uns, die aktuelle Situation ist aus diesem oder jenen Gründen unerträglich geworden, wir sehen auch keine andere Lösungs- oder Fluchtmöglichkeit mehr und dann passiert es, abrupt oder allmählich, auffällig oder unauffällig, wir wechseln in die anderen Welten.

Das Ver-rücken selber ist eine wertvolle Fähigkeit, es kann uns schützen in sonst unerträglichen Situationen, es kann uns aber auch zu Erkenntnissen über uns selber verhelfen, denn meist kommen im Ver-rücken unsere Wünsche, Ängste, Erinnerungen, unterdrückten Gefühle in verschlüsselter Form zum Vorschein.

Trotzdem bedroht uns das unkontrollierte Ver-rücken auch. Aus diesem Grund sind zur Vorbeugung folgende Dinge wichtig: 

Helfen kann hier beispielsweise der Besuch von Selbsthilfegruppen aber auch die Kontakt-aufnahme mit Menschen, die dasselbe Hobby und / oder ähnliche Interessen haben.

Neben diesen mehr allgemeinen Vorbeugungsmöglichkeiten gibt es auch konkrete Dinge, die zur Vorbeugung möglich sind, wobei hier gilt: Probieren geht über Studieren.

1. Erstellen einer Notfallliste:

ich erinnere mich an meine letzte Krise und überlege, was mir damals geholfen und/oder geschadet hat und erstelle auf Grund dieser Erfahrungen eine Liste mit Dingen, die ich im Krisenfall tun kann. Hier ein Beispiel, wie sie aussehen könnte (natürlich muß hier jeder seine individuelle Liste anfertigen):

  1. ich mache mir einen Tee/Kakao
  2. ich rufe Richard an Tel: und bitte ihn, ob er vorbeikommen kann    wenn er nicht da ist, rufe ich Martina an Tel.: bzw. Stefanie Tel.:
  3. ich gehe nicht nach draußen
  4. ich rufe nicht meine Eltern an
  5. ich nehme ein Bad
  6. ich versuche mich abzulenken durch Fernsehen oder Aufräumen 

2. Sichere dich für den Fall einer Klinikeinweisung ab mit einer Behandlungsvereinbarung bzw. einem psychiatrischen Testament oder einer anderen Art der Vorausverfügung. Nähere Informationen hierzu bei:

 

3. Ernährungsumstellung

Bei einigen Menschen kann eine Ernährungsumstellung einen stabilisierenden Effekt haben (wenn man keinen Kult daraus macht). So kann beispielsweise bei Depressionen die Reduzierung zuckerhaltiger Nahrungsmittel einen positiven Effekt haben. Bei Menschen die z.B. durch frühere traumatische Erfahrungen belastet sind, kann es helfen auf eine regelmäßige Zufuhr von Mineralien, insbesondere Magnesium, zu achten.

Extreme Ernährungsformen sind zur Vorbeugung meist nicht geeignet, im Gegenteil, sie können zu einer Destabilisierung führen. Vorsicht ist z.B. auch beim sogenannten Heilfasten geboten.

Für alle Menschen gilt natürlich, daß eine ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse und Obst immer gesundheitsförderlich ist.

4. Dem Körper Gutes tun

Bewegung: Finde heraus, welche Form körperlicher Bewegung dir gut tut und auch Spaß macht: Spazieren Gehen, Yoga, Schwimmen, Tanzen, Radfahren, usw.

Entspannung: Nimm dir auch Zeit für entspannende Tätigkeiten wie z.B.: ein schönes warmes Bad nehmen, in die Sauna gehen, Musik hören, usw.

5. Ver-rückte Zustände leichterer Art in begrenztem Umfang zulassen

Für manche Menschen kann es hilfreich sein, leicht ver-rückte Zustände bewußt zuzulassen, insbesondere für Menschen, die ihr Ver-rücktsein als positiv erleben. Die Form wie das geschehen kann, ist sehr unterschiedlich:

z.B. feste Zeiten zum Abdrehen im Alltag einplanen
die Nutzung kreativer Medien wie Malen, Modellieren und Schreiben um die Inhalte der Ver-rückungen auszudrücken
Lesen
Träumen

Bei all dem ist aber die zeitliche Begrenzung wichtig, sonst besteht die Gefahr, daß einem diese Zustände aus dem Ruder laufen!

6. Gefühle und Konflikte nicht ignorieren

Manchmal ist es durchaus sinnvoll die eigenen Gefühle auch mal zu ignorieren, andererseits wird dies gefährlich, wenn man es dauernd tut,

Ähnliches gilt für den Umgang mit Konflikten, insbesondere mit Menschen, die einem nahe stehen. Nicht angesprochener Ärger, unterschwelliger Groll, ungeklärte Verhältnisse - all dies ist für die Psyche belastend.

Es dient also der Vorbeugung, die eigenen Gefühle ernst zu nehmen und die Klärung bestehender Konflikte nicht zu lange aufzuschieben.

7. Psychotherapie:

Für manche Menschen kann eine Psychotherapie hilfreich sein, allerdings können Psychotherapien auch schaden, z.B. indem sie psychotische Zustände auslösen können. Deshalb ist eine Entscheidung hier nicht ganz einfach.

Für die Entscheidung folgende Empfehlungen:

  1. Besprich deine Gründe für und gegen eine Psychotherapie mit Menschen, die dich kennen und hol dir so verschiedene Meinungen ein
  2. Besprich deine Idee mit einem vertrauenswürdigen Profi, der dich auch über die verschiedenen Therapierichtungen informieren sollte und gemeinsam mit dir überlegen sollte, welche Therapeuten in die engere Wahl fallen.
  3. Lass dir auf jeden Fall Vorgespräche bei verschiedenen Therapeuten geben und nimm eine Liste mit Fragen mit, die wichtig sind (z.B. Frage nach der Ausbildung des Therapeuten, Frage ob er/sie bereits mit Menschen deiner Problematik gearbeitet hat, welche Einstellung zu Psychiatrie und Psychopharmaka, usw.)
  4. Lass dir Zeit bei deiner Entscheidung und entscheide auch nach deinem Gefühl zu dem Menschen. Kannst du dir vorstellen, zu dieser Person Vertrauen zu entwickeln?

Ausgesprochen gefährlich können Therapieformen der esoterischen oder anderer ausgefallener Szenen sein:

z.B. die sogenannte Schreitherapie, Rebirthing in Wochenendseminaren, Rückführungsseminare, Geistheiler, usw.

Aber auch bei den sogenannten seriösen Therapieformen gibt es vieles, was nicht ungefährlich ist, wenn der Therapeut sein Handwerk nicht versteht und nicht bereit ist, seine Methode auf die Bedürfnisse des Klienten einzustellen.

Also ist es dringend erforderlich bei der Suche nach einem geeigneten Therapeuten sehr gut hinzuschauen.

Nähere Informationen zum Thema : Psychotherapeutische Beratungsstelle in Frankfurt

8. Psychopharmaka

Wenn ihr bisher noch keine P. genommen habt:

Viele Psychiater empfehlen zur sogenannten Langzeitprophylaxe eine Dauermedikation von mindestens fünf Jahren. Diese "Weisheit" ist mit äußerster Vorsicht zu genießen. Abgesehen von der grundsätzlichen Gesundheitsschädlichkeit von Psychopharmaka geht diese Rechnung bei sehr vielen auch nicht auf, die Krisen stellen sich trotz oder sogar wegen der Psychopharmaka - Einnahme ein. Da der Körper sich auf die Drogen eingestellt hat, wird dann die Krise mit einer relativ hohen Dosierung "behandelt" werden müssen (wenn man sich für Medikamente entschieden hat). Hinzu kommt, daß durch die Dauerruhigstellung die Selbstheilungskräfte sozusagen erlahmen und nicht trainiert werden können.

Natürlich gibt es Formen des Ver-rückens, wo eine längerfristige Medikation das kleinere Übel darstellen kann. Auf jeden Fall sollte man sich eine solche Dauermedikation gut überlegen.

wenn ihr schon über längere Zeit P. nehmt:

Es ist wichtig sich hier öfters mal die Frage zu stellen, ob die Medikamenten - Einnahme noch weiter Sinn macht oder nicht ? Häufig nehmen die Leute eine zu hohe Dosierung über einen zu langen Zeitraum.

Wenn ihr euch für das Absetzen der Medikamente entscheidet: es ist äußerst riskant, die Medikamente von heute auf morgen abzusetzen, insbesondere bei hohen Dosierungen und/oder bei der Einnahme verschiedener Präparate.

Ebenso ist es sehr riskant Medikamente dann abzusetzen, wenn du gerade stressigen Außenbedingungen ausgesetzt bist oder in einer aktuellen seelischen Krise, die nicht auf die Medikamente zurückzuführen ist.

Beim Absetzen empfiehlt sich die allmähliche Reduzierung und es ist durchaus wichtig sich hier die Zeit zu nehmen, die der Körper für die Umstellung braucht und sich dabei von einem/r Fachmann/frau beraten zu lassen. Unterstützen kann man den Entgiftungsprozess auch durch entsprechende Naturheil-verfahren.

nähere Informationen über Psychopharmaka siehe Zehentbauer - Chemie für die Seele sowie BPE-Psychopharmakaberatung unter: 0234 / 640 5102.

B. Merken, wenn "es" wieder losgeht

Eine wichtige Vorraussetzung Verrücktheiten zu steuern liegt darin, daß man mitbekommt, wann man in Gefahr ist "abzudrehen, überzukaken, aufzudrehen, ins Loch zu fallen....". Es ist wichtig sich zu erinnern, wie es bisher war, wie es angefangen hat und was den ver-rückten Zuständen jeweils vorausgegangen ist. Obwohl dies bei jedem unterschiedlich ist, hier eine Liste von häufigen Anzeichen, daß sich eine Krise anbahnen könnte:

  1. vermehrte Schlafstörungen
  2. Veränderung der Wahrnehmung
    • wie z.B.: man fühlt sich immer mehr wie im Tran (bzw. Traum)
    • man spürt überall Sinnzusammenhänge
    • man hat das Gefühl seine Umgebung überdeutlich wahrzunehmen
    • Veränderungen in der Geräuschempfindlichkeit
    • optische Veränderungen wie z.B. daß plötzlich Farben sehr viel intensiver wahrgenommen werden
    • die Menschen erscheinen einem irgendwie anders: fremd, bedrohlich, lächerlich, wie von einem anderen Stern, usw.
  3. Veränderungen im Denken:
    • die Gedanken erscheinen einem viel schneller oder langsamer zu werden
    • die Gedanken drehen sich immer um ein und dasselbe Problem, ohne daß man sie abstellen kann
    • das Gefühl gar keine Gedanken mehr zu haben
    • die Gedanken erscheinen einem von außen eingegeben oder von einer äußeren Macht entzogen zu werden
    • die normale konkrete Bedeutung von Dingen und Ereignissen bekommt symbo-lischen Gehalt (man denkt und handelt symbolisch), alles wird zum Zeichen
    • das intensive Beschäftigen mit philosophischen oder spirituellen Fragen und das Gefühl eine Erleuchtung nach der anderen zu haben
  4. Veränderungen in der Körperwahrnehmung:
    • das Verlassen des eigenen Körpers
    • nichts mehr spüren können
  5. Veränderungen in der eigenen Verhaltensweise:
    • extremes Zurückziehen von der Außenwelt
    • einen nicht mehr zu stoppenden Redezwang
    • eine plötzlich auftretende Sammelleidenschaft
    • das Gefühl die Umgebung unbedingt von einer bestimmten Idee überzeugen zu müssen
    • nicht mehr zur Arbeit gehen
  6. Die Menschen um einen herum verhalten sich anders:
    • dein Arbeitgeber rät dir doch Urlaub zu nehmen
    • deine Freunde meinen, du solltest zu einem Arzt gehen
    • Bekannte fragen dich, ob du vielleicht Drogen genommen hast
    • du lernst plötzlich lauter neue Leute kennen, während deine bisherigen Freunde und Bekannte den Kontakt zu dir vermeiden

Dies alles können Anzeichen für eine bevorstehende Ver-rückung sein, müssen es aber nicht. Es ist auch wichtig sich klarzumachen, daß diese oder andere Anzeichen nicht zwangsläufig zu ver-rückten Zuständen führen müssen. Krisen gehören zum Leben jedes Menschen dazu und nicht selten kommt es trotz sogenannter "Frühwarnzeichen" nicht zu einer größeren Krise. Also keine Panik, nur erhöhte Vorsicht.

Was kann helfen ?

Menschen:

Wenn du merkst, daß du in Gefahr bist abzudrehen, rede mit jemand, zu dem du Vertrauen hast!

Verkriech dich nicht völlig, aber beehre auch nicht alle Menschen, egal ob sie es hören wollen oder nicht, mit deinen Problemen. Such dir einige Menschen aus, die bereit sind, sich mit dir und deinen Schwierigkeiten in Ruhe zu beschäftigen.

Vermeide Kontakte, die dich sehr belasten, das können z.B. sein: die Herkunftsfamilie; Menschen, die dazu neigen, dich durch Worte zu verletzen oder Menschen, die du als sehr anstrengend empfindest.

Ruhe:

  1. Reduziere dein übliches Programm und gönne dir alles, von dem du weißt, daß es dir gut tut. Wie z.B.:
    Suche Orte auf, von denen du weißt, daß du dich dort entspannen kannst, das kann die Sauna sein, das Kino, die Kirche, der Wald.

    Es ist unwichtig, welcher Ort, wichtig ist nur, daß du dich dort wohlfühlst.

    Gönne dir dein Lieblingsessen
  2. Verliere die alltäglichen Dinge nicht ganz aus dem Blick

    Auch wenn dir der Alltag im Moment lästig, langweilig, zu banal oder unwichtig erscheint, ist es meistens hilfreich, die Aufmerksamkeit trotzdem auf die Alltagsdinge zu richten, wie und in welchem Ausmaß ist individuell sehr unterschiedlich. Manchen hilft es zu kochen oder zu putzen, anderen reicht es, wenn sie mit einer Nachbarin einen Tee trinken und sich über das Wetter unterhalten. Wie auch immer, es ist in dieser Phase wichtig, den Kontakt mit dem, was man Normalität nennt, zu halten, selbst wenn dich innerlich scheinbar viel wesentlichere Gefühle und Gedanken beschäftigen, versuche irgend eine dir entsprechende Form von Alltag aufrechtzuerhalten.
  3. Ablenkung:

    Manchen helfen auch Strategien der Ablenkung, sei es durch Fernsehen, Stricken, Autos reparieren, spielen, usw.
  4. Der Einsatz von Drogen

    In dieser Phase solltest du sehr vorsichtig mit jeder Art von Drogen umgehen, sei es nun Kaffee, Alkohol oder Psychopharmaka.

    Auf der anderen Seite kann der bewusste und möglichst niedrig dosierte Einsatz von Drogen notwendig sein um eine weiteres Ver-rücken zu stoppen. Insbesondere wenn Schlafstörungen, Unruhezustände, Angstzustände, usw. ein riskantes Ausmaß annehmen, besteht die Gefahr, daß sich körperliche Erschöpfung und geistige Prozesse gegenseitig hochschaukeln. Hier kann es durchaus sinnvoll sein erst einmal den Körper mit Mitteln von außen zur Ruhe zu bringen.

    Hier eine stichwortartige Aufführung der Möglichkeiten, wobei es natürlich notwendig ist, sich weitere Informationen einzuholen, sowie den Rat entsprechender Experten:

    Mittel aus dem Bereich der Naturheilverfahren:

    pflanzliche Präparate:
    z.B. Baldrian und Hopfen wirken bei vielen schlafanstoßend
    homöopathische Mittel

    Mittel aus der Ayurvedamedizin
    z.B. die Einnahme von Butterfett

    nähere Informationen zu Naturheilverfahren:

    Alkohol (gilt nicht für Menschen mit einer Suchtproblematik oder Menschen, die regelmäßig Psychopharmaka zu sich nehmen):

    auch Alkohol in geringen Mengen kann beruhigend und schlafanstoßend wirken und ist manchmal weniger schädlich als Psychopharmaka

    Psychopharmaka:

    Die Einnahme von Psychopharmaka ist immer mit gesundheitsschädlichen Risiken verbunden, trotzdem kann es im Einzelfall das kleinere Übel darstellen, z.B. um eine Zwangseinweisung zu verhindern.

    (Für manche Menschen ist es hier wichtig zu bedenken, daß sie sich rechtzeitig genug für die Einnahme entscheiden. Häufig ist es am Beginn einer Krise möglich, den Prozess mit einer relativ niedrigen Dosierung und einer kurzen Einnahmedauer zu stoppen.)

C. Wenn man "drinhängt", ver-rückt, psychotisch, wahnsinnig ist:

Bei vielen PE gibt es in einer seelischen Krise einen bestimmten Punkt der inneren Erregung, der, wenn er überschritten wird, zu dem führt, was als Psychose, Wahnsinn, Ver-rücktheit usw. bezeichnet wird. Diese Art von Zuständen unterscheidet sich von anderen Krisenformen dadurch, daß der Sprung aus der Realität geschehen ist.

Wenn es aus welchen Gründen auch immer passiert ist und man im Chaos der eigenen Gefühle, Ideen, Gedanken drinhängt, die Welt sich um 180 Grad gedreht hat, nichts mehr so ist, wie es war, alles vorher wichtige unwichtig geworden ist, dann geht es in erster Linie darum das Überleben abzusichern.

Auch hier ist es wichtig erst einmal zu merken und sich selber zuzugestehen, daß "man voll drinhängt". An was und wie man es merkt ist natürlich wieder von Person zu Person unterschiedlich.

Trotzdem hier einige Beispiele:

  1. Ein plötzlich auftretendes Gefühl der Erleichterung im Rahmen einer schweren Krise. Vorher da gewesene Ängste, usw. sind plötzlich wie weggefegt. Man fühlt sich im siebten Himmel und hat erleuchtende Erkenntnisse am laufenden Meter. Jede Form des Zweifels ist verschwunden. Vielleicht nimmt man noch undeutlich wahr, daß die anderen Menschen nicht so begeistert auf die eigenen genialen Ideen reagieren.
  2. Man kommt überhaupt nicht mehr aus dem Bett, jede Bewegung wird zur Qual, man kommt sich vor wie der schlimmste Mensch auf Erden oder einem ist alles völlig gleichgültig, das Zeitgefühl verschwindet, die Wohnung verwahrlost, die Post sammelt sich ungeöffnet in irgend einer Ecke, usw.
  3. Man wird gejagt von Stimmen und Bildern, möglicherweise hört man Stimmen, die einem Befehle geben sich umzubringen oder ähnliches. Es gibt keine Pausen mehr zwischen den einzelnen Visionen und man hat keinerlei Kraft und/oder Interesse mehr für andere Dinge. Man zieht sich völlig zurück und verlässt die Wohnung überhaupt nicht mehr.
  4. Vorher da gewesene Ideen und Vorstellungen, wie z.B., daß man von einer fremden Macht ausspioniert wird, werden zur unumstößlichen Gewissheit. Jeden Tag findet man scheinbar neue „Beweise" für diese Tatsache.

Wenn du es geschafft hast zu erkennen, daß du drinhängst, hast du schon einen riesigen Schritt getan, um wieder rauszukommen. Als erstes ist es nun wichtig das Überleben abzusichern.

Unabhängig davon, ob du in eine Klinik gehen wirst oder nicht, brauchst du einen Schutz- und Schonraum und diesen gilt es jetzt zu organisieren. Dazu brauchst du Hilfe. 

Also:

  1.  Informiere mindestens eine Person deines Vertrauens, wie es dir geht und bitte sie um Hilfe.
    Günstig ist es natürlich, wenn du dir bei dieser Person sicher sein kannst, daß sie mit Gelassenheit auf deinen Zustand reagieren kann und nicht gleich eine Einweisung veranlassen will.
    Bitte diese Person dir bei den jetzt notwendigen Dingen zu helfen.
  2. Lass dich krankschreiben
    Wenn du in einem solchen Zustand zur Arbeit gehst, gefährdest du deinen Arbeitsplatz, also auch wenn du dich in keiner Weise krank fühlst besorg dir eine Krankmeldung.
  3. Falls du Kinder hast
    Du brauchst jetzt Entlastung und deine Kinder brauchen Sicherheit, sorge also dafür, daß sich jemand vorrübergehend um sie kümmert (Oma, Tante, Bekannte, usw.)
  4. Sorge für einen Schutzraum, bis die Ver-rückung abgeklungen ist 
  1. wenn du in deiner Wohnung bleibst:
    Du brauchst auf jeden Fall Menschen, die dich begleiten. Eine Ver-rückung alleine durchstehen zu wollen ist saugefährlich und außerdem oft qualvoller als notwendig.
    Falls du aber das Glück haben solltest, einen oder mehrere Menschen zu kennen, die bereit sind dich zu begleiten kannst du diesen Zustand möglicherweise ohne Klinik durchstehen. Auf jeden Fall solltest du mindestens einmal täglich mit jemanden sprechen.
    Unter Umständen (wenn sie bei dir anschlagen und du sie einigermaßen verträgst) empfiehlt sich die Einnahme von Psychopharmaka, wieder nach dem Prinzip des kleineren Übels. Solltest du dich dafür entscheiden, nimm beim Besuch des Psychiaters möglichst jemand mit, der dich dabei unterstützt, daß zu bekommen, was du möchtest.
  2. wenn du in eine Klinik gehen möchtest/musst:
    Auch hier gilt, mach dies möglichst nicht alleine, folgendes ist dabei abzuklären:
    Welche Klinik bietet am ehesten das, was du jetzt brauchst?
    Möchtest du lieber auf eine offene oder geschlossene Station? (wenn du nicht selbstmordgefährdet bist, lassen sich manche Kliniken darauf ein, direkt auf die offene aufzunehmen)
    Hast du ungeklärte Dinge zu Hause, die noch erledigt werden müssen (Versorgung von Haustieren, Absage von Terminen, offene und dringende Rechnungen, Entmüllung der Wohnung, usw.), bitte Freunde darum, dies soweit möglich für dich zu erledigen.

Aufnahme in der Klinik:

Mit welchen Informationen solltest du unter Umständen vorsichtig sein:

Selbstmord und Selbstverletzungsgedanken sowie Gedanken, die sich auf die Verletzung/Ermordung anderer Personen beziehen.

Je nach Einstellung der Klinik kann dies eine Zwangseinweisung zur Folge haben in dem Moment, wo du die Klinik früher verlassen willst, als die Ärzte es für ratsam halten.

Auf der anderen Seite ist es natürlich wichtig, daß du mit jemanden über solche Gedanken sprichst. Es ist also ein nicht ganz einfacher Balanceakt, einerseits soviel zu erzählen, daß sie auch in die Lage versetzt werden, dir zu helfen, auf der anderen Seite aber nicht zuviel um irgendwelche dir unbekömmlichen Maßnahmen zu provozieren. (Medikamentenerhöhung, Verlegung auf die geschlossene, Zwangseinweisung, usw.) 

Für den Fall einer Zwangseinweisung:

Bleib so ruhig wie möglich, es ist klar, daß du dich aufregst und sehr verständlich, aber es bringt meist nichts den Aufstand zu proben und bewirkt meist nur das Gegenteil von dem, was du erreichen möchtest.

D. Nach dem Ver-Rücken

Du hast eine sehr schwere und anstrengende Zeit mehr oder weniger heil überstanden. Du bist wie ein Reisender, der von einem anderen Planeten auf die Erde zurückgekehrt ist und du wirst voraussichtlich einige Zeit brauchen um dich wieder zurechtzufinden. Versuche die kleinen Dinge des Alltags zu genießen, die Sonne, die dir ins Gesicht scheint, eine schöne Tasse Kaffee, einen netten Fernsehfilm und lass dir fürs Zurückkehren die Zeit, die du brauchst. Wenn du Lust hast und es dich nicht zu sehr aufregt, schreibe die Erlebnisse deiner "Reise" auf oder erzähle sie Menschen, die bereit sind sich diese anzuhören. Dies kann sehr hilfreich sein, zum einen um diese Erfahrungen zu verdauen, aber auch um mit zukünftigen Erfahrungen ähnlicher Art vielleicht besser umgehen zu können.

Wenn du wieder genügend Boden unter den Füßen hast, wirst du dich auch der Neu- bzw. Wiederorganisation deines Lebens zuwenden können. Je nachdem, wie die Krise abgelaufen ist, wirst du dich auch mit unangenehmen Konsequenzen beschäftigen müssen wie z.B.:

Verlust der Wohnung

Geldproblemen

manche Freunde, die nichts mehr mit dir zu tun haben wollen

dem Absetzen von Psychopharmaka

Schwierigkeiten mit der Arbeitsstelle

u.s.w.

Lass dich nicht kirre machen, oft sehen die Dinge zunächst schlimmer aus, als sie sind. Versuche eins nach dem anderen anzugehen und such dir dabei die entsprechende Unterstützung. Du hast es geschafft eine Erfahrung durchzustehen, die immer an die Grenze dessen geht, was ein Mensch aushalten kann und dies ist eine enorme Leistung. Du hast es geschafft wieder auf diese Erde zurückzukehren und auch dies ist alles andere als einfach. Also lass dich nicht unterkriegen, auch wenn die Dinge nicht so auf Anhieb laufen, wie du dir es wünschst.

Anhang: Der Umgang mit spezifischen Arten des Ver-rückens

Natürlich lassen sich hier keine allgemeingültigen Tips geben, aber es gibt hier Ideen und Erfahrungen zu spezifischen Ver-rückungszuständen, die du ausprobieren könntest:

  1. Panik- und Angstzustände:
    • eine Decke umlegen, jemand der dir die Hand hält,
    • wenn es irgend geht, versuche deine Atmung zu beruhigen, indem du bewusst lange ausatmest und so versuchst den Atem zu verlangsamen
  2.  Halluzinationen:
    • du hörst Stimmen oder siehst Bilder, die außer dir niemand wahrnehmen kann
    • Wenn du unsicher bist, ob es sich bei deinen Wahrnehmungen um Halluzinationen handelt oder nicht, überprüfe es, wann immer es möglich ist, z.B. indem du andere fragst, selber näher herangehst, usw.
    • Wenn du weißt, daß es sich um Halluzinationen handelt, dann versuche dir klarzumachen, daß Halluzinationen im Prinzip  nichts Schlimmes sind, sondern Botschaften deiner Seele.
    • Günstig ist es gegenüber diesen Botschaften folgende innere Haltung zu finden:
    • ich höre/sehe euch, dich, es ist in Ordnung, aber nun wende ich mich auch wieder anderen Dingen zu
    • oder anders ausgedrückt, die Stimmen/Bilder zwar zu registrieren, aber nicht näher darauf einzugehen (Nachtrag: Das Netzwerk Stimmenhören ist der Ansicht, dies sei nur ausnahmsweise aber nicht im Regelfall die beste Strategie.)
  3. Depressionen:
    es gibt sehr unterschiedliche Arten der Depressionen und genauso verschiedene Auslöser, je nach Auslöser können verschiedene Dinge helfen
    1. bei manchen Menschen werden Depressionen dadurch ausgelöst, daß sie Gefühle von Wut oder Enttäuschung unterdrücken, hier hilft alles was diesen meist nicht bewußten Gefühlen ein Ventil verschafft: z.B.:
      • erinnere dich an das letzte Mal, als du wütend warst, und denke dir alle möglichen und unmöglichen Schimpfwörter aus, die dir nur einfallen
      • schreibe einen möglichst wütenden Brief an einen "Lieblingsfeind"
      • schimpfe mit deinem Bett, was die Unverschämtheit besitzt dich hier tagelang festzuhalten
      • male ein Bild
    2. Erschöpfung: wenn du gerade eine sehr stressige Lebensphase hinter dir hast, wie z.B. eine Psychose, die Trennung von einem Partner, eine Phase der Arbeitssucht, eine lange körperliche Erkrankung usw. ist die Depression gewissermaßen eine natürliche Reaktion des Körpers auf diese Überforderungssituation, hier ist alles gut, was den Körper bei diesem Erholungsprozess unterstützt.
    3. regelmäßige jahreszeitlich bedingte Depressionen
  4. Erleuchtungszustände:  
  5. Verfolgungsideen:
  6. Fremdheitsgefühle, sich aus dem Körper entfernen, usw.:  
  7. MPS:

 Stand November 08